Zeer-Schrank 2.0: Stromlos kühlen in der Küche mit Lehm, Hanf und Salz-PCM

Zeer-Schrank 2.0: Stromlos kühlen in der Küche mit Lehm, Hanf und Salz-PCM

Ohne Strom Lebensmittel frisch halten? Der modernisierte Verdunstungs-Kühlschrank – der Zeer-Schrank 2.0 – kombiniert kapillaraktiven Lehm, Hanffasern und Salzhydrat-Phasenwechselmaterial (PCM). Ergebnis: 4–10 K Temperaturabfall gegenüber der Raumluft, leise, wartungsarm und ideal für Gemüse, Obst, Brot oder Käse. Perfekt für Küchen, in denen Energieeffizienz, Materialgesundheit und Ruhe zählen.

Was ist der Zeer-Schrank 2.0?

Eine neu gedachte Speisekammer als Möbel: Der Korpus aus Holz trägt eine kapillaraktive Außenhaut aus Lehm-Hanf. Diese wird zyklisch befeuchtet, Wasser verdunstet und entzieht der Umgebung Wärme. PCM-Kassetten stabilisieren die Innentemperatur (z. B. bei 18–20 °C) und puffern Lastspitzen, etwa beim Öffnen der Tür. So entsteht ein stromloses Kühlmöbel mit definierten Temperaturzonen – platzsparend, geräuschlos und ohne Kompressor.

Funktionsprinzip in drei Bausteinen

1) Verdunstungskühlung

Bei der Verdunstung wird Flüssigkeit in Gas umgewandelt. Die dafür nötige Verdampfungswärme wird der Umgebung entzogen – es wird kühler. Je trockener die Luft, desto größer der Effekt. Bei 30 °C und 40 % r. F. liegt die Feuchtkugeltemperatur bei ca. 22 °C – theoretisch bis zu 8 K Abkühlung sind möglich.

2) Kapillaraktive Hülle

Lehm + Hanffasern wirken wie ein Schwamm: Sie saugen Wasser an, verteilen es gleichmäßig und geben es langsam an die Oberfläche ab. Das verhindert Tropfenbildung, erhöht die Verdunstungsfläche und verbessert die Langzeitstabilität.

3) Phasenwechselmaterial (PCM)

Salzhydrat-PCM mit Schmelzpunkt 18–20 °C speichert beim Schmelzen viel Wärme (latente Wärme) und hält die Innentemperatur länger konstant. In der Nacht verfestigt es sich wieder (Vorkühlen/Entladen), tagsüber stabilisiert es die Kühle – selbst bei höherer Luftfeuchte.

Aufbau und Komponenten

  • Innenkorpus: Multiplex Birke 12 mm, lebensmittelechte Hartwachsöl-Oberfläche.
  • Kapillarmantel: 8–12 mm Lehmputz (mit 20–30 % Hanffaseranteil), offenporig.
  • Befeuchtung: Kapillarvlies aus Zellulose, gespeist aus einer auswechselbaren 5-L-Wasserflasche (Schwerkraft).
  • PCM-Kassetten: 8–12 kg Salzhydrat 20 °C in Edelstahl- oder PP-Hüllen, rückseitig in Schienen geführt.
  • Luftführung: Einlass unten, Auslass oben, thermischer Kamineffekt ohne Ventilator.
  • Türen: Lamellentür aus Holz, innen Gaze (Insektenschutz), Magnetverschluss.
  • Kondens-/Abtropfschale: Terrakotta-Tablett, leicht entnehmbar.

Leistungsdaten und Dimensionierung

Klimabedingung Typische Abkühlung Wasserbedarf Nutzvolumen
26 °C / 45 % r. F. –4 bis –6 K 0,4–0,7 L/Tag 60–90 L (ein Schrank)
30 °C / 40 % r. F. –6 bis –8 K 0,7–1,0 L/Tag 60–90 L
30 °C / 60 % r. F. –3 bis –5 K 0,8–1,2 L/Tag 60–90 L
PCM-Puffer (20 °C) ~0,5 kWh Kältespeicher bei 12 kg Stabilisiert Tagesspitzen

Hinweis: Der Effekt steigt mit Luftbewegung und sinkt bei hoher relativer Feuchte. Der Schrank kühlt „schonend“ (keine 4 °C), ideal für Gemüse, Obst, Brot, Butter, Käse – nicht für rohes Fleisch/Fisch.

DIY: Bauanleitung für einen 60 × 90 × 40 cm Zeer-Schrank

Materialliste

  1. Multiplex Birke 12 mm (Zuschnitt für Korpus + Fachböden)
  2. Lehmputz (25 kg) + Hanffaserstreu (3–4 kg)
  3. Kapillarvlies (Zellulose) 0,8 m²
  4. Terrakotta-Fliesen/Platten 6–10 mm (0,5 m²) für Außenhaut optional
  5. Salzhydrat-PCM 20 °C, 12 kg (in Kassetten)
  6. 5-L-Wasserkanister mit lebensmittelechtem Schlauch, Tropfventil
  7. Lüftungsgitter (unten/oben), Insektengaze
  8. Lamellentür + Magnetverschluss, Scharniere
  9. Hartwachsöl (innen), Lehmgrundierung (außen)
  10. Hygro-/Thermometer, optional Datenlogger

Werkzeug: Stichsäge, Bohrer, Kelle, Schleifklotz, Pinsel, Tacker.

Schritt-für-Schritt

  1. Korpus verschrauben/verleimen; Lüftungsöffnungen unten (Einlass) und oben (Auslass) einplanen.
  2. Innenflächen fein schleifen, mit Hartwachsöl 2× ausstreichen.
  3. Außen Lehmgrundierung auftragen, dann Lehm-Hanf-Mischung 8–12 mm dick aufziehen.
  4. Kapillarvlies in den Außenputz einbetten (Zonen für Wasserzufuhr).
  5. Optional Terrakotta-Platten mosaikartig einlegen (erhöht Verdunstungsoberfläche).
  6. Türen montieren, Gaze innen tackern, Dichtlippen an den Korpuskanten anbringen.
  7. PCM-Kassetten rückseitig in Halteschienen einsetzen (leicht entnehmbar).
  8. Wasserkanister oben auf oder in ein Fach stellen, Schlauch an Vlies mit Tropfventil koppeln.
  9. Abtropfschale aus Terrakotta unten einsetzen, leichte Neigung einplanen.
  10. Probebetrieb: 24 h anfeuchten, Luftwege prüfen, Hygrometer platzieren.

Bauzeit: 5–7 Stunden. Kosten: ca. 260–420 € (je nach Oberfläche und PCM-Menge).

Hygiene, Lebensmittel und Zonen

  • Oben wärmer (22–24 °C): Brot, Bananen, Avocado.
  • Mitte (18–20 °C): Tomaten, Zitrusfrüchte, Käse, Butter.
  • Unten kühler (16–18 °C): Wurzelgemüse, Kräuter in Töpfen (mit Wasserwanne).

Wöchentlich auswischen (Essigwasser 1:3), Vlies prüfen, Wasserkanister spülen. Keine rohen tierischen Produkte lagern.

Integration in moderne Küchen

Einbauvarianten

  • Hochschrank-Nische: 45–60 cm breit, seitlich belüftet.
  • Unterschrank auf Rollen: unter Fenster platzieren (mehr Luftzug).
  • Balkonmodul: Witterungsschutz beachten, Regenwasser als Quelle nutzbar (gefiltert).

Optional: Sensorik

  • Hygro-/Thermo-Sensor steuert ein Tropfventil (größere Feuchte = weniger Wasser).
  • Magnetkontakt an der Tür startet ein kurzes Luftspalt-Bypass, um Feuchteausgleich zu beschleunigen.

Fallstudie: Altbauküche in Köln (7 m²)

  • Setup: 60 × 90 × 40 cm, 10 kg PCM, Fensterplatz Nord, Luftfeuchte Sommer 45–60 %.
  • Ergebnisse (Juli–August):
    • Innere Mitteltemperatur 18,8 °C bei 25,6 °C Raumluft (–6,8 K).
    • Wasserverbrauch: 0,9 L/Tag.
    • Butter streichfähig, Tomaten ohne Kälteschaden, Brot 2 Tage länger frisch.
    • Ersatz elektrischer Zweitkühlschrank: eingespart ~0,25 kWh/Tag.

Pro / Contra

Aspekt Pro Contra
Energie 0 kWh Betrieb Wirkung abhängig von Luftfeuchte
Akustik Lautlos Leiser Luftzug nötig (Fenster/Schacht)
Lebensmittelqualität Schonende Kühlung, Aromaerhalt Nicht geeignet für Rohfleisch/-fisch
Wartung Einfach: Wasser, Wischen Vlies 1–2×/Jahr tauschen
Design Natürliche Materialien, wohnlich Lehmoberfläche empfindlich gegen Stoß

Nachhaltigkeit & Gesundheit

  • VOC-arm: Lehm, Hanf, Holz – wohngesunde Materialwahl.
  • Regionalität: Lehm und Hanf vielerorts lokal verfügbar.
  • Kreislauf: Lehmputz reversibel, Holz demontierbar, PCM recycelbar.

Häufige Fehler und Lösungen

  • Fehler: Zu dichte Tür (kein Luftwechsel). Lösung: Lamellen oder definierte Spaltluft + Gaze.
  • Fehler: Nasse Flecken, Tropfen. Lösung: Wasserfluss reduzieren, Vlies doppellagig, Abtropfschale.
  • Fehler: Kaum Kühlung bei hoher Luftfeuchte. Lösung: Mehr Oberfläche (Terrakotta), nächtliches Fensterkippen, PCM-Masse erhöhen.

Kostenübersicht

Posten Menge Kosten
Multiplex + Beschläge 1 Set 110–160 €
Lehm + Hanf ~30 kg 35–60 €
Kapillarvlies + Gaze 1 Set 20–35 €
PCM 20 °C 10–12 kg 70–120 €
Terrakotta/Fliesen 0,5 m² 25–45 €
Kleinteile (Kanister, Ventil) 20–30 €

Zukunft: Hygro-Keramik und adaptive PCM

  • Hygroskopische Keramikschalen mit Mikrokanälen für noch gleichmäßigere Verdunstung.
  • Adaptives PCM (Mischungen 16–22 °C) je nach Saison wechselbar.
  • PV-gestützte Nachtentfeuchtung mit Mikro-Lüfter (3–5 W) zur PCM-Regeneration an feuchten Tagen.

Fazit & Handlungsempfehlung

Der Zeer-Schrank 2.0 ist ein unterschätztes Küchenmöbel: Er spart Energie, schont Lebensmittelaromen und bringt ein haptisches, ruhiges Materialerlebnis in den Alltag. Wer Platz für eine 60-cm-Nische hat und saisonal frisch einkauft, profitiert sofort. Beginnen Sie mit einem Single-Modul, testen Sie Ihr Raumklima 14 Tage und skalieren Sie dann PCM-Masse und Verdunstungsfläche. Lust auf mehr? Kombinieren Sie zwei Module: eines für Gemüse, eines für Brot und Käse – ganz ohne Steckdose.